Werter Herr Bürgermeister,
Werte Kolleginnen und Kollegen,
Werte Mitarbeiter der Gemeindeverwaltung,
Harren und Hoffen – in dem bekannten Roman von Alexandre Dumas, der Graf von Monte Christo, heißt es darin von Edmont Dantes: „Die gesamte menschliche Weisheit liegt in den Worten Harren und Hoffen!“
Harren – dieses Wort, erstmals im 13. Jhd. Verwendet, bedeutet u.a. „mit bestimmter innerer Erwartung, über eine gewisse Zeit hin auf ein Ereignis oder eine Person warten“. So haben bis vor mehr als 2000 Jahren viele Menschen ausgeharrt in der Hoffnung auf die Geburt Jesus, der an Weihnachten als Retter der Welt gesandt wurde.
Als ich meine Reden zu den Weihnachtssitzungen der letzten Jahre so durchgeblättert habe, gleichen sich meine dort immer wieder formulierten Hoffnungen bezüglich der Entwicklung unserer Gemeinde in ihren verschiedenen Bereichen und Facetten alljährlich – man kann es meinerseits als ein Harren darauf ausdrücken, dass letztendlich doch noch, nach Zeit um Zeit, bestimmte Erwartungen erfüllt werden und z.B. in Bauleitplänen ihren Niederschlag finden werden.
Das Thema Lufthygiene zum Beispiel, seit 2004 immer wieder durch Anträge und durchgeführte Luftschadstoffmessungen hier in diesem Gremium diskutiert – allein es blieb bei der Kenntnisnahme der hohen Luftschadstoffwerte mit nach EU-Recht nicht unerheblichen Überschreitungen der Grenzwerte. Maßnahmen zur Verringerung hierzu wurden bis dato nicht umgesetzt.
Beim Themenschwerpunkt Verkehrsentwicklung haben wir seit 2010 regelmäßig grundlegende Verbesserungen angeregt, besonders hinsichtlich der Radverkehrsplanung. Nun, seit 2014 besteht die Hoffnung, dass durch die Bürgerbeteiligung in den verschiedenen Arbeitskreisen doch nachhaltige Verbesserungen besonders hinsichtlich ÖPNV und Radverkehr erzielt werden können.Auch würde dies direkt positive Auswirkungen auf die lufthygienischen Verhältnisse an den Verkehrsschwerpunkten wie Münchner Straße und Bajuwarenstraße haben.
Betrachtet man hingegen die städtebauliche Entwicklung unserer Gemeinde, war das Harren
auf die Umsetzung der von uns formulierten Zielsetzungen bis dato vergeblich: Die Architektur nicht gelungen, „hoch-wertig“ und „heraus-ragend“ nur aufgrund der Geschossanzahl.
Mit Verlaub – man könnte hier die Karlsfelder Vorgehensweise bei Bauvorhaben eher als „Mauern und Klotzen“ beschreiben. Die sog.Karlsfelder Meile wurde ja durchaus schon als großer Klotz, Karlsfelder Mauer oder – hinter vorgehaltener Hand – auch als „Urnenwand“ bezeichnet. Und als mich vor einigen Tagen ein Werbeflyer erreicht hat, der ein großes Sortiment an Bauklötzen anbietet, musste ich unwillkürlich an die derzeit entstehende „Neue Mitte“ denken: Bei der Betrachtung des Katalogs mit der Darstellung unterschiedlicher Anordnung von farbigen Klötzen liegt der Vergleich nicht allzu fern.
Für die Situierung von Gewerbegebäudlichkeiten ist diese Bauweise sicher rationell und angebracht – aber ob auch die Errichtung einer ca. 175 langen Wohnstange für „Betreutes Wohnen“ auf dem E.ON Gelände nach dem „Bauklotzschema“ für Karlsfelds städtebaulicher Entwicklung an dieser Stelle positiv sein wird, ist für mich mehr als fraglich – vor allem ob damit auch eine gute, gesunde Wohnqualität in ansprechendem Umfeld für die künftigen Mitbürger dort gewährleistet werden kann.
Denn trotz der Vorgabe und Notwendigkeit des verdichteten Bauens angesichts des knapp bemessenen Wohnraums im Bereich der Europäischen Metropolregion München muss mit „Maß und Ziel“ gearbeitet werden – das Maß wurde hierbei aus unserer Sicht klar überschritten.
Aber Humor ist, wenn man trotzdem lacht, und man darf gespannt sein, welche neuen Wortschöpfungen und Begrifflichkeiten die Karlsfelder Bürger als Vorschläge für den Platz in der neuen Mitte einreichen werden.
Harren und Hoffen – auch, oder immer noch, auf den Erhalt unseres Regionalen Grünzuges. Ob in seiner Gänze oder nur in Teilen, er hat aus meiner Sicht als Umweltreferentin und beruflich Angehörige des Gesundheits- und Medizinsektors nichts an seiner Bedeutung für unsere Wohn- und Lebensqualität verloren. Gesundheit ist unser höchstes Gut, und um diese möglichst für uns alle hier zu erhalten, müssen wir unsere wichtigen Lebensgrundlagen Luft, Wasser und Boden schützen.
Auf den Weltklimagipfel in Paris können wir nicht einwirken, aber hier vor Ort in unserer Gemeinde können wir direkt durch die Planungshoheit wertvollen Boden erhalten und unser örtliches Klima schützen, und damit auch für gute Luft-und Wasserqualität sorgen.
Das Jahr 2015 war das Jahr des internationalen Bodenschutzes.
Es wurde ausgerufen, um uns bewusst zu machen,dass humusreiche Böden wertvolle Kohlenstoffspeicher sind und dass es 1000 Jahre dauert, bis 10 Zentimeter wertvoller Boden entsteht.
Es wurde ausgerufen, um das Bewusstsein zu schärfen, dass wir jährlich eine Fläche in der Größe des Chiemsees versiegeln, und dass wir aktiv dem massiven Bodenverbrauch entgegen wirken müssen.
Das gilt für uns Karlsfelder in besonderem Maße – als flächenärmste Gemeinde im Landkreis Dachau wäre zu bedenken, was wir noch an Bodenfläche an die nächsten Generationen weitergeben möchten. Lassen wir uns angesichts der angespannten Finanzlage wirklich dazu hinreißen, das Gros der verbliebenen Fläche für Gewerbeentwicklung schon jetzt für uns zu nutzen? Die Gemeinderatsmehrheit hat für die Ausweisung des Gewerbegebietes an der Schleißheimer Straße gestimmt – für mich ein eklatanter, unwiederbringlicher Verlust an wertvollem Boden für Klima-und Erholungsfunktion, der auch nicht durch die finanzielle Schieflage unserer Gemeinde gerechtfertigt ist, werden die Einnahmen des künftigen Gewerbestandortes doch wohl leider nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.
Der mehrheitlich getroffene Beschluss im Gemeinderat, beim Landratsamt die Ausweisung eines Landschaftsschutzgebietes zu beantragen, ist hinsichtlich der Erhalt von Boden- und Naturraum ein positives Signal, ein Schritt in die richtige Richtung. Liebe Kolleginnen-und Kollegen, nützen wir bitte alle unsere Energien, unsere Kreistagskollegen, aber auch betroffene Landwirte von diesem wichtigen Vorhaben zu überzeugen.
Daneben harren noch einige anderer Projekte ihrer Umsetzung: Die Schulneubauten, die Entwicklung einer sozialen Bodennutzung-Leitlinie für Karlsfeld, der weitere Ausbau unseres Fernwämenetzes. Und wir stehen vor der großen Aufgabe und Herausforderung, die Asylsuchenden hier in unserer Gemeinde bestmöglich aufzunehmen und im weiteren zeitlichen Verlauf in unser Gemeindeleben zu integrieren.
Aus welchen Gründen auch immer sie bei uns Zuflucht gesucht haben – direkt oder indirekt sind es immer auch Folgen von jahrelang verfehlter Wirtschafts-und Außenpolitik von USA und EU. Freihandelsabkommen haben einen wesentlichen Anteil daran, dass die politische und wirtschaftliche, aber auch klimatologische Situation in den 3. und 4. Ländern viele zur Flucht gezwungen haben. Diese gewissenlose Politik darf nicht weiter fortsetzt werden – das haben im Oktober mehr als eine viertelmillion Bürger bei der Demonstration gegen TTIP in Berlin durch ihre Teilnahme eindrucksvoll zum Ausdruck gebracht. Denn Abkommen, die per se demokratische Grundrechte einschränken und zur weiteren „Entmenschlichung der Wirtschaft“ führen, dürfen wir Bürger mit demokratischem und moralischem Bewusstsein nicht zulassen.
Denn wo die Wahrheit zu schwach ist, sich zu verteidigen, muss man zum Protest übergehen, oder mit den Worten des Dichters Ovid von vor 2000 Jahren ausgedrückt: „Glücklich, wer, was er liebt, tapfer zu verteidigen wagt“.
Nun danke ich Ihnen allen, auch im Namen meiner Fraktion, für die meist gute Zusammenarbeit hier in diesem Gremium. Herzlichen Dank auch an alle Mitarbeiter in der Verwaltung und im Bauhof.
Auch gilt schon jetzt der große Dank allen ehrenamtlich Tätigen des Asylhelferkreises, die sich in beeindruckender Weise um die herzliche Aufnahme der Asylsuchenden engagieren. Dank ebenso allen anderen ehrenamtlich Tätigen, ob im sozialen Bereich, Sport oder Umwelt-und Naturschutz, die durch ihr Wirken den Zusammenhalt in unserer Bürgerschaft fördern und das Zusammenleben hier in unserer Gemeinde bereichern.
Auch danke ich der Presse um die leider inzwischen knappe, aber doch informative Berichterstattung unserer Gemeinderatsarbeit.
Harren, Hoffen …… und auch Tätigsein …… oder mit den Worten von Joseph Addison:
Die wesentlichen Dinge, um in diesem Leben Glück zu erlangen, sind:
Etwas zu vollbringen, etwas lieben und auf etwas zu hoffen.
Damit möchte ich Ihnen und Allen ein gesegnetes, geruhsames Weihnachtsfest wünschen, und Glück, Gesundheit, und Gottes Segen im Neuen Jahr 2016.
Mechthild Hofner